WEGE & PFADE 14 | 3:35 Min
Neben dem Lindenauer Hafen gehört die Schleusentreppe in Wüsteneutzsch zu den markantesten Bauwerken, die mit dem unvollendet gebliebenen Elster-Saale-Kanal errichtet wurden. Es scheint die perfekte Illustration des alten Ortsnamens Wüsteneutzsch abzugeben.

Anbindung ans Wasserstraßennetz
Mit dem Elster-Saale-Kanal wäre als Südflügel des Mittellandkanals die erste schiffbare Verbindung vom Ruhrgebiet nach Leipzig und ins mitteldeutsche Industrierevier entstanden. Der 1933 zügig begonnene Kanalbau verlief jedoch spätestens ab 1937 nur noch schleppend. Der Bau der Schleusentreppe begann 1939, mit der Ausrufung des Totalen Krieges endeten im Winter 1943 die Arbeiten. Beide Endpunkte der begonnenen Kanalstrecke lagen damit auf dem Trockenen. Während Speicher und Hafengelände in Leipzig auch ohne Wasseranschluss genutzt werden konnten, verblieb rund zwei Kilometer vor der Saale eine Bauruine.

Dass die Schleusentreppe überhaupt gebaut werden sollte, stand während der Planungsphase in den 1920er Jahren noch nicht fest, ursprünglich war die Errichtung eines Schiffshebewerkes vorgesehen. Schließlich mussten 22 Meter Höhenunterschied auf dem Weg zur Saale bewältigt werden. Ein Schiffshebewerk hätte jedoch die Baukosten des Kanals mehr als verdoppelt, die Überwindung der Fallhöhe von zweimal elf Metern wäre zudem technisches Neuland gewesen. Bei dem zu erwartenden Schiffsaufkommen auf dem Elster-Saale-Kanal erschien eine Schleusentreppe als ausreichend.


Verbundene Großprojekte
Der Kanalbau zwischen Leipzig und der Saale war als Teilprojekt zum Ausbau des Elbe-Havel-Kanals konzipiert, das später als Südflügel des Mittellandkanals bezeichnet wurde. So legte man das Schiffshebewerk in Magdeburg-Rothensee in seinen Abmessungen von 12 Metern Breite und 85 Metern Länge ebenfalls für die damals modernsten Schiffe der 1.000-Tonnen-Klasse aus. Während das Schiffshebewerk 1938 in Betrieb ging und das Wasserstraßenkreuz Magdeburg schließlich im Jahr 2003 vollendet wurde, blieb am Leipziger Kanal und der Schleusentreppe in Wüsteneutzsch die Zeit stehen.






Überholt und Aufgeschoben
Eine Fortführung der nicht kriegswichtigen Arbeiten am Kanal sollte bald nach dem Endsieg erfolgen. Doch bereits während des Baues hatte die technische Entwicklung das ambitionierte Großprojekt eingeholt. Das mitteldeutsche Industrierevier, in erster Linie von Maschinenbau, chemischer Industrie und Leichtindustrie geprägt, war durch Eisenbahn und Straße effizient erschlossen. Deshalb setzte man das weitgehend fertige Großprojekt nach dem Krieg nicht weiter um, Investitionen erschienen an anderer Stelle sinnvoller. Auch aus heutiger Sicht erscheint eine Vollendung des Kanals ökonomisch unsinnig. Das touristische Interesse an einer Wasserstraßen-Anbindung Leipzigs beschränkt sich auf einige engagierte Sportbootfahrer, ein ernsthafter Bedarf ist nicht vorhanden. Traditionelle Ausflugslinien auf der Saale sind inzwischen pleite oder bis zur Marginalität geschrumpft. Wer es nachhaltig will, trägt sein Sportboot um.


Inzwischen Bundeswasserstraße
Mit dem Namen des unvollendeten Kanals manifestiert sich eine interessante Fußnote: Den Leipzigern ist er als Elster-Saale-Kanal und den Anhaltern in exakt umgekehrter Reihenfolge als Saale-Elster-Kanal vertraut. Von beiden Bevölkerungsgruppen wird die jeweils andere Bezeichnung abgelehnt oder bestenfalls strikt gemieden. Dabei heißt die Wasserstraße heute offiziell Saale-Leipzig-Kanal. Die Umzeichnung erfolgte mit Wirkung vom 24.03.1999 im Verzeichnis der sonstigen Binnenwasserstraßen des Bundes. Unter der neutralen Nummer 6901 wird das mitteldeutsche Kanal-Fragment geführt. Zwar Fragment, aber immerhin Bundeswasserstraße entsprechend Bundeswasserstraßengesetz (BWaStrG)!

strompolizeilichnoch nicht kannte, ist jetzt ohne Wasseranbindung auch im Bilde
