Zeitsprung unter Schnee und Eis


Verborgene Lost Places im Winter

  ANGEHEFTET   15 | 2:10 Min

Der Schnee deckt Alltagsspuren über verlassenen Orten zu. Gerade dieses Verbergen bringt Verborgenes zutage, die Aufmerksamkeit rückt ein Stück auf das Wesentliche zu. So ergeben sich interessante Ansichten und Eindrücke mit den Überbleibseln aus verlorenen Zeiten.

Stuhl in Ruine
Eine dicke Schneeschicht in der Ruine der Alten Mühle deckt den Alltag zu

Früher war mehr Lametta heißt das berühmt gewordene Zitat aus dem Loriot-Sketch Weihnachten bei den Hoppenstedts aus dem Jahr 1976. Früher war natürlich auch mehr Schnee – wenigstens in der Erinnerung. Dass auch in den vergangenen Jahren Schnee lag, offenbart ein Blick ins Bildarchiv. Alltagsaufnahmen mit Lost Places in Weiß. Auf ihnen zeigt sich der schnell ablaufende Wandel der Stadtlandschaften. Die mehr oder minder weiße Schneedecke deckt ab, nivelliert Unterschiede und verziert. Sie überzieht Neubauten wie Ruinen, Brachflächen ebenso wie Landschaften und Parks. Wie bemerkte es Erich Kästner in seinem Gedicht Wintersport? Was gehn den Schnee die Leute an? - Er fällt. Und das genügt.

Ruine im Schnee
Fabrikruine, Industriekanal und entweihte Kirche unter dichtem Schnee

Winter ist für Lost Places egal

Vielleicht aber ist das Gegenteil der Fall. Auch wenn die Schneedecke mit ihren vielfältigen Mustern vieles abdeckt, unterstreicht sie doch auch die zeitliche und räumliche Entrücktheit der Objekte aus dem aktuellen Geschehen. Wenn es ein geplantes Wieder-Aufstehen zur Frühlingszeit geben würde, könnte man wahrscheinlich auch von einem vorübergehenden Winterschlaf sprechen.

Schleusenruine im Schnee
Der Blick über den Schnee bleibt an hinausragenden Architektur-Resten haften
Abriss Plattenbau
Selbst Abrissarbeiten vermag der Schnee mit wenigen Zentimetern bereits zu verzieren
Speicher im Schnee
Aus der Brache eines Hafens zaubert der Schnee eine bilderbuchgleiche Landschaft
Spuren im Schnee
Fußspuren zeugen von der Erkundung einer Brachfläche, die bald verschwindet

Winterzauber sieht anders auch

Das, was gewöhnlich mit anheimelnder Weihnacht verbunden wird, hat mit den Lost Places nichts zu tun. Doch Weihnachten bedeutet auch Wintersonnenwende, kündigt die kommenden helleren Tagen an und steht für ein über allem stehendes Heilsversprechen. Das kann stutzig machen – Verbirgt sich dahinter nicht auch der Gedanke, so etwas im tristen Feld der Lost Places zu denken? Einen alten Glanz der verfallenen Größe flüchtig zu erhaschen? Den Wunsch zu entdecken, dass erhaltenswerte Bausubstanz einen Investor findet, der nicht allein eine historische Fassade vor einen Neubau stellt?

Gleisrest im Schnee
Baumrest und Brückenruine vermag der Schnee nicht zu verdecken
Bahndamm mit Schild
Bahnbetrieb auf diesem Gleis ist weiter entfernt als das kommende Frühjahr
Verschneite Güterrampe
Die Laderampe verharrt in der milden Januarsonne unter ihrer Schneehaube
Wasserturm im Schnee
Auch triste Ecken können auf dem weißen Winter-Teppich feierlich wirken
Ruinen Brückenbogen
Vereiste Wasserläufe bieten kurzzeitig Wanderwege mit neuen Blicken auf Gewohntes
Verschneiter Gleisrest
Noch liegt ein Gleis unter dem Schnee, bald wird es ganz verschwunden sein
Fabrikgebäude im Schnee
Der Schnee garniert auch das Umfeld aus Wildwuchs und Brachland
Ruine Eckhaus
Kahl steht die Ruine eines Wohnhauses, der Schnee vermag nichts zu richten
Dampflokteile im Schnee
Der Arbeitsvorrat im Schnee lässt keinen baldigen Frühling erwarten