URBANES

Lostplace im Wildwuchs

Ungeplant emporgewachsen

Lange Zeit tauchte Natur im städtischen Kontext bestenfalls als Zierde, Randerscheinung oder Gegensatz auf. Doch vor dem Hintergrund mancher Brüche in der geplanten Stadtentwicklung wird man sich mit dem scheinbar widersprüchlichen Begriffspärchen neu arrangieren müssen.

Burgplatzloch Leipzig
Im Jahr 2016 war das Burgplatzloch noch grün, nach zwei Jahrzehnten war sein Ende aber abzusehen

Meist wird Natur in Gegensatzpaaren gedacht: Natur versus Kultur, Natur versus Zivilisation oder auch als Widerspruch Land gegen Stadt. Doch die Lost Places zeigen, wie eng die Verbindung der vermeintlichen Antagonisten in Wahrheit ist. Wo auch immer in unserer urbanen Lebenswelt etwas nicht mehr gepflegt wird oder liegenbleibt, tritt die Natur auf den Plan und holt sich das von ihr einst abgerungene Terrain rasch zurück. An und neben den Lost Places findet man die eigentümlichen Umarmungen von Natur, Urbanität und Technik in der Warteschleife. Schnell sind sie da, die Mauerblümchen, die zugewachsenen Ecken, die Vegetation in den Dachrinnen. Kein Gärtner muss sich extra um sie kümmern. Doch viele dieser Rückeroberungen sind nur eine flüchtige Zwischenlösung. Früher oder später werden viele dieser Stellen wieder in die durchgeplant-betonierten Stadträume zurückkehren.

Wildblume am Bahnsteig
Auch Dauerbaustellen wie am Leipziger Hauptbahnhof holt sich – teilweise oder ganz – die Natur
Blüten auf planiertem Bauland
Im Niemandsland zwischen Beräumung und Bebauung ist unbeeindruckt ein Stück Natur emporgewachsen
Mohn auf alter Hafenmauer
Sogar an scheinbar unwirtlichen Orten setzt die Natur behutsam aber ohne Unterlass ihre Zeichen
Fliederblüten über Lost Place
Selbst in einer Fabrikruine blüht im Frühjahr der Flieder – Lost Places können farbenfroh sein
Wildstreifen im Gründerzeitviertel
In allerbester City-Lage ist über langwierigen Planungen mit der Zeit fast ein urbaner Wald herangewachsen
Verwachsenes Gewächshaus
Hinter der alten Mühle an einem Elsterarm hat in einem Gewächshaus die Natur die Seiten gewechselt
Gebäudereste im Grünen
Der Schornstein eines Bahnhofs-Güterschuppens reckt sich gegen seinen nahenden Untergang empor
Wassertürme in der Vegetation
Die markanten Wassertürme im Bahnbetriebswerk Leipzig-Wahren erheben sich aus der wuchernden Natur
Wildwuchs über Drehscheibe
Um die Drehscheibe herum sorgt nach Jahrzehnten desLeerstands nur noch das Pflanzenwachstum für Bewegung
Bahnhofsgleise im Herbst
Dichte Vegetation überzieht die Gleise des Güterbahnhofs Plagwitz, bevor sie für immer verschwinden


  ZeitBrüche-Update Juli 2023

Der Burgplatz ohne Loch
Mit der baulichen Vollendung des Petersbogens ist das Burgplatzloch nach zweieinhalb Jahrzehnten Geschichte

Das Burgplatzloch ist Geschichte. Mehr als zwei Jahrzehnte gehörte die verwaiste Dauerbaustelle in bester City-Lage zum Stadtbild beinahe schon dazu. Die Besitzer des Areals wechselten in dieser Zeit mehrfach und mehrere ehrgeizige Projekte verliefen aus verschiedenen Gründen schließlich im Sande. Der architektonisch ansprechende Bau bringt zudem Geschichte zurück: Mit den lebensgroßen Sandsteinfiguren an der Fassade stehen Johannes Eck, Georg von Sachsen und Martin Luther nahe am Ort ihrer Leipziger Disputation.


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