MILITARIA 14 | 4:45 Min
Heute sind nur noch die Reste eines sichelförmigen Kasernengebäudes auszumachen. Es entzieht sich zwischen Kiefernstämmen und dichtem Gestrüpp den Blicken Neugieriger. Auch in seiner knapp 90-jährigen Geschichte existierte der Fliegerhorst Hagenow unscheinbar am Rande.
Als Standort wählte man das Gelände des alten Sudenhofes. Mit seinen Abmessungen von 1.050 x 1.005 Metern nahm sich die Anlage vor den Toren der Mecklenburgischen Kleinstadt Hagenow bescheiden aus. Von den Gebäuden des Fliegerhorstes sind heute nur noch Teile des Kasernenbaus erhalten, jedoch stark verfallen, Einrichtungen des einstigen Flugbetriebes sind nicht mehr zu identifizieren.
Mit Kriegsende präsentierte sich Sudenhof Airfield der anglo-amerikanischen Luftaufklärung noch wie folgt: Der Fliegerhorst war in drei Bereiche aufgeteilt - Nordost, Ost und Südost. Es gab insgesamt 14 große offene Flugzeugunterstände, sowie 24 in angrenzenden Wäldern. Es gab einen großen Reparaturhangar, 4 große und 3 mittelgroße Flugzeughangars, alle mit gepflasterten Vorfeldern und alle gruppiert an der nördlichen Grenze und in der NW-Ecke. Die Werkstätten befanden sich hinter den Hangars, der Fuhrpark und die Garagen befanden sich direkt östlich des Reparaturhangars. Die Kasernen, Verwaltungsbüros, Kasinos sowie andere Stationsgebäude befanden sich in einer Gruppe 100 - 200 Meter hinter den Hangars an der nördlichen Grenze. Die Betankungsstellen befanden sich im Hangarbereich, das Munitionsdepot befand sich in der südöstlichen Ecke. Landebahnen von 1.140 x 1.000 m. Es waren Grasbahnen mit unregelmäßigen Formen, eine Erweiterung im Nordwesten ermöglichte Starts und Landungen auf 1.830 m. Eine Begrenzungsstraße verlief entlang der östlichen Grenze. Ausgestattet war sie mit Begrenzungs- und Hindernisbefeuerung, einer Leuchtspur und einem Strahlenanflugsystem für den Nachtbetrieb.
Unauffälliges Wachstum
Die Ursprünge des Fliegerhorstes liegen im Zweiten Rüstungsprogramm vom Sommer 1932, das unter der Hand die deutsche Wiederaufrüstung vorantrieb. Als im März 1935 die Luftwaffe öffentlich gemacht wurde, war der Hagenower Fliegerhorst als Teil der neuen Infrastruktur in Bau. Die Inbetriebnahme mit den zwei Graslandebahnen erfolgte am 01.12.1936. Im darauffolgenden Jahr errichtete man das Kasernengebäude, Flugzeughallen, Kommandantur, Telefonzentrale, Offizierskasino und Wachgebäude ergänzten die Anlage. Bereits im Dezember 1936 begann mit einer Orterschule der Ausbildungsbetrieb in Hagenow. Neue qualifizierte Kräfte wurden dringend gebraucht, denn der neue Vierjahresplan zur Wehrhaftmachung Deutschlands sah ein Rüstungsprogramm mit Verfünffachung der Luftwaffe bis 1941 vor.
Alltag in Krieg und Nachkriegszeit
Bis kurz vor Kriegsende wurde in Hagenow Schulungsbetrieb durchgeführt. Der Fliegerübungsstelle folgten Flugzeugführer- und Jagdfliegerschulen, Blindflugschulen und Lastensegler-Ausbildung. Daneben waren wechselnde Kampfgeschwader zur besonderen Verwendung sowie Jagd- und Nachtjagdverbände im ständigen Wechsel in Hagenow stationiert. Die Lage vor Ort war ruhig, nur im April und Mai 1944 kam es zu zwei amerikanischen Angriffen. Der vom VIII. Fighter Command als low-level attack
eingestufte Angriff von Mustangs und Lightnings hatte ein Dutzend zerstörter Flugzeuge zur Folge.
Mit der Besetzung durch amerikanische Einheiten endete am 2. Mai 1945 für Hagenow der Krieg, zwei Monate später folgte die Rote Armee. Die Zeit des Fliegerhorstes war vorüber, doch die Demontage- und Demilitarisierungsmaßnahmen fielen pragmatisch aus, denn das 283. Garde-Motschützen-Regiment erhielt hier seinen neuen Standort. Zur Nutzung für Panzer und Schützenpanzer kam es zu einigen Erweiterungsbauten, das Gelände nördlich des Fliegerhorstes wurde zum Übungsplatz.
Truppenabzug markiert Ende
Nach Umstationierungen und Neustrukturierungen befanden sich - neben einer NVA-Einheit am entgegengesetzten Stadtende - in den 1980er Jahren ein Raketen- und ein Pionierbataillon der GSSD in Hagenow. Mit der politischen Wende und dem vereinbarten Truppenabzug kam die Auflassung des kleinen Standortes. Bereits 1992 konnte die Liegenschaft SW 023 mit Wohnsiedlung und Übungsgelände von der deutschen Verwaltung übernommen werden. Der im Februar 1998 gefasste Bebauungsplan Nr. 12 zum Gewerbegebiet Sudenhof umfasste die Fläche des ehemaligen Militärstandortes vor der Kaserne. Diese lag nun endgültig am Rande und fiel aus der Zeit.
In den Jahren 1996 bis 2004 erfolgten systematische Abrissarbeiten von Nebengebäuden. Das Kasernengebäude war von planlosen Abrissarbeiten betroffen. Heute steht nur noch die Hälfte des Gebäudes als Ruine, die andere Hälfte beläuft sich auf Mauerreste. Die letzten Aktivitäten datieren in die Jahre 2019/20. Gut 750.000 Euro flossen aus einem EU-Fond, die militärisch genutzte Fläche zu entwickeln, um neue Gewerbeflächen zu schaffen.
Seither herrscht am Sudenhof Ruhe, nur zeitweise durch vereinzelte Urbexer und Hundebesitzer unterbrochen.