ORTE & PLÄTZE 13 | 3:00 Min
Im 19. Jahrhundert zog die Klosterruine auf dem Oybin zahlreiche Maler der deutschen Romantik an, die dort ihre passenden Motive fanden. Die imposante Anlage auf dem Bergmassiv begeisterte Geistesgrößen wie Carl Gustav Carus, Caspar David Friedrich oder Carl Blechen.
Die eindrucksvollen Ruinen von Burg und Kloster machten den Oybin mit seiner launig wirkenden Felslandschaft zu einer der bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Oberlausitz. Der Ausbau der slawischen Befestigung erfolgte im 14. Jahrhundert, die Stiftung eines Coelestinerklosters ergänzte bald die Burganlage. Die Klosterkirche entstand unter dem Einfluss der berühmten Prager Dombauschule. In den Wirren von Reformation und Gegenreformation löste man zwar das Kloster auf, doch das Ende von Kloster und Burg brachte ein verheerender Brand nach einem Blitzeinschlag im Jahr 1577. Rund einhundert Jahre später prägte noch ein Felsabriss das schroffe Aussehen des heutigen Berges.
Das berühmte Fenster
Eine besondere Verbindung zum Oybin hatte Carl Gustav Carus. Der in Dresden lebende Arzt, Maler und Naturphilosoph zählt zu den vielseitigsten Universalgelehrten des 19. Jahrhunderts. Er stand in engem Kontakt mit den geistigen Größen seiner Zeit, unter anderem mit Johann Wolfgang Goethe, Caspar David Friedrich, Alexander von Humboldt oder Ludwig Tieck. Carus prägte den Begriff des Un-Bewusstseins, gilt als Vordenker der Tiefenpsychologie und der ganzheitlichen Medizin.
Wie Alexander Thiele, Adrian Zingg und andere bekannte Maler seiner Zeit entdeckte auch Carus die Ruine von Burg und Kloster Oybin als Inspiration und Motiv. Seine Arbeiten als Maler spiegeln die Bildmotive der Romantik: Gebirge, Mondnacht, Gotik und Ruinen waren die Themen, an denen sich die zeitgenössische Naturauffassung mit dem klassischen Schönheitsideal verband. Carus verstand das Schöne im Goetheschen Sinn als Dreiklang von Gott, Natur und Mensch. Eng verbunden fühlte er sich in seinem malerischen Werk dem lebenslangen Freund Caspar David Friedrich.
Auf dem Oybin und in seiner Umgebung entstanden bekannte Gemälde von Carus wie Der Friedhof auf dem Oybin im Winter oder Fenster am Oybin im Mondschein. Durch diese Arbeiten entwickelte sich der abgelegene Berg mit seinen Ruinen bald zu einem regelrechten Sehnsuchtsort der Romantik, der beständig Maler und Dichter, aber auch zahlreiche Sommerfrischler anzog. Mit der Erschließung der Gegend durch Postkutsche und Eisenbahn begann man, die Ruine von Burg und Kloster Oybin systematisch für die zahlreichen Besucher zu erschließen und damit auch der Nachwelt zu erhalten.
Schauervoller heiliger Anblick
Die eindrucksvolle Ruine auf dem nicht minder beachtenswerten Felsmassiv beschrieb der Arzt und Schriftsteller Christian August Peschek – eine Generation vor Carus – in einem zeitgenössischen Reiseführer:
Von dieser Schlucht steigt man sogleich daneben eine erneuerte oder ausgebesserte Treppe herauf in die alte gewiß sehr merkwürdige Klosterkirche. Von dieser ist unter allen Gebäuden noch am meisten zu sehn, welches wir ihrer äusern ordentlichen Festigkeit zu verdanken haben. Alle ihre Wände, die aus hier gebrochnen Steinen verfertigt, und für die Ewigkeit zusammengekittet zu seyn scheinen, und deren gegen Mittag stehende fast bis an das Dach aus dem Felsen gehauen ist, sind noch unversehrt, sogar bis auf die zierlichen Fensterstöcke. Aber das Dach ist eingestürzt, und man steht zwischen diesen öden, an 70 bis 80 Fuß hohen Mauern unterm freyen Himmel. Ein schauervoller heiliger Anblick, erhöht durch das wiederhallende dumpfe Getön jedes laut ausgesprochenen Wortes!
Christian August Peschek: Der Oybin bey Zittau. Raubschloss, Kloster und Naturwunder. Mahlerisch und historisch beschrieben, Zittau und Leipzig: Johann David Schöps 1804