URBANES 15 | 3:00 Min
Zumeist stehen verlorene Orte für ein Stück Vergangenheit, das nicht mehr wiederkehrt. Oft sind es noch weitere Dinge, die den Artefakten eingeschrieben sind, häufig sind sie alt oder wenigstens aus vergangenen Zeiten. Doch Lost Places gibt es auch fast neu.
Die politische Wende der 1990er Jahre führte eine Goldgräberstimmung mit sich. Rasch schossen landesweit an den Peripherien der Städte Einkaufszentren und Gewerbeobjekte im Container- und Wellblechstil aus dem Boden. Manche brachte man noch schnell unter DDR-Recht durch, andere folgten reihenweise, um irgendwie am Markt doch noch präsent zu sein. Doch die hoffnungsvollen Einkaufswelten auf der Grünen Wiese wurden bald schon durch die schwache Kaufkraft ausgebremst. Der folgende Selektionsprozess ließ aus manchen lokalen Blütenträumen Lost Places entstehen.
Aufbau und Abbruch Ost
Einen eigenen Schwerpunkt bietet die Architektur der 1950er und 60er Jahre. Inzwischen baulich wie ästhetisch in die Jahre gekommen, stellte sie Stadtplaner in Ost wie West vor Entscheidungen. Die damals eingebundenen Fortschrittserzählungen waren bald verblasst, ästhetische Geringschätzung und Ansehensverluste gingen damit einher. Der Osten bildete bei aller Ähnlichkeit von Baustilen und Bausünden noch einen Sonderfall. Die Verwerfungen der Wendezeit brachten bislang kaum vergleichbare Umbrüche großen Stils mit entsprechenden sozialen Folgen hervor. Sämtliche Widersprüchlichkeiten bei den folgenden Stadtumbauten waren dann auch sehr schnell politisch aufgeladen.
Wenig Zeit für Konzepte
Vielerorts war der Fokus schnell auf reale wie vermeintliche Bausünden gerichtet, die man mit den neuen wirtschaftlichen Möglichkeiten rasch ändern wollte. Material wie Personal waren nahezu uneingeschränkt verfügbar, bereitgestellte Fördermittel mussten rasch abgerufen werden. Viele ehrgeizige Vorhaben haben seither in zahlreichen Innenstädten positive Spuren hinterlassen. Architektonisch konnten viele von ihnen durch eine eigene DDR-Erbschaft punkten: Noch vorhandene hochwertige Altbausubstanz konnte meist einbezogen werden. Armut – oder die Abwesenheit von Investitionsmitteln – erwies sich an vielen Orten als der beste Konservator.