URBANES

Triumph der Neuen Schäbigkeit

Ein Lost Place muss Platz machen

Der in den 1930er Jahren entstandene Hafen in Leipzig hatte über Jahrzehnte keinen Anschluss an das Gewässernetz. Mit der Anbindung kam die Aufwertung des Gebietes und der Bau eines neuen Stadtviertels, das allerdings nicht nur unter Architekten durchgefallen ist.

Flutung Hafendurchstich
Die Anbindung des Hafens erwies sich aus Rathaussicht als gelungene PR-Aktion

Jahrzehntelang war der Hafen ein Stück Leipzig. Natürlich wusste man, dass der Hafen ein Inseldasein führte und keine Anbindung an ein Gewässer hatte. Er war einfach da, die Brachfläche bot Raum für Hunderunden und Spaziergänge. Am 29. Januar 2015, einem Donnerstag, erfolgte feierlich die wasserseitige Anbindung des Hafens an den Karl-Heine-Kanal. Der zum Durchstich hektisch angesetzte Pressetermin inmitten landesweit gärender Protestaktion um Pegida & Co. konnte die lokale Aufmerksamkeit erreichen.

Alte Luisenbrücke
Die alte Luisenbrücke führte mehr als 100 Jahre über Brachland im Industrierevier
Gebäudereste am Hafen
Verschiedene Halbruinen ergänzten stilsicher das brachliegende Areal
Altes Hafengelände
Der heutige Mittelpunkt des Quartiers mit Gebäuderesten im Jahr 2011

Eine Brachfläche verschwand, die Heldenstadt und Boomtown des Ostens sollte um ein weiteres Stück wachsen. Doch das, was dann emporwuchs, charakterisierten lokal tätige Architekten ätzend als Stil der Neuen Schäbigkeit. Ungeachtet der ghettohaften Grundschnitte, den gefühlten Geschosshöhen von knapp zwei Metern und dem Flair eines Supermarkt-Parkplatzes überstiegen die Vermietungspreise des ersten Nachwende-Neubaugebietes deutlich die 10-Euro-Marke. Was hip ist, muss inhaltlich wohl nicht weiter überzeugen. ZeitBrüche zeigt Bilder des Geländes vor dem Umbau.

Blick von Luisenbrücke
Von der Luisenbrücke waren die Baumaßnahmen im Jahr 2014 gut zu sehen
Brachfläche am Hafen
Das bereits länger brachliegende Hafengelände war für Bau und Erschließung schnell beräumt
Neubau Hafenmauer
Im Frühjahr 2014 liefen die Arbeiten zum Aufbau der neuen Hafenmauer
Graffiti an Hafenmauer
In jenem Jahr grüßte auch noch ein Schüsselkopfmännchen von der Betonwand
Späterer Durchstich
Nach Rodungsarbeiten ist das Gelände 2011 für den Durchstich vorbereitet
Brückenrückbau
Auch eine längst verfüllte Brücke zu einem geplanten Hafenbecken verschwand
Neues Stadtviertel
Im Jahr 2017 liefen die Bauarbeiten am ersten Neubaugebiet nach der Wende auf Hochtouren

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